Der Flug des Kranichs
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Der letzte Elf (Arbeitstitel)

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Beitrag  Ynari Di Okt 11, 2011 9:27 pm

Vor einiger Zeit habe ich angefangen, einen Geschichtenzyklus zu schreiben. Hier ist er. Very Happy
Ich arbeite noch daran.

01: Dunadean 1

In der Dunkelheit lauerte Prinz Dunadean aus dem Hause Balor und wartete. Bald würde Hella zurück sein. Er lauerte in der Kanalisation unter New York und fühlte sich wie eine Spinne in ihrem Netz. Über ihm hasteten die Menschen durch die Strassen, nie nahmen sie sich Zeit, die kleinen Wunder, welche sie täglich umgaben, zu sehen. Noch vor kurzem wäre er bei diesem Gedanken wütend geworden, aber jetzt blieb er ruhig. Bald würde sich einiges ändern.
Langsam strich der Elf sich mit einer Hand über sein Gesicht. Es war weiß und fühlte sich kühl und hart an. Hier und da war die Haut rau. Wie Stein. Seine Haare waren schlohweiß, seine Augen tiefrot.
Prinz Dunadean saß auf einem Stuhl in seinem „Gemach“: eine Nische in der Kanalisation, die trocken gelegt war. Der Boden war mit Teppichen ausgelegt, die Wände mit Stoffen verhangen. Zwei Stühle, ein Tisch, ein Bett, eine Truhe – alles aus dunklem Holz – waren die einzigen Möbel.
Dunadean aus dem Haus Balor, Erstgeborener des Königs, Prinz, Ausgestoßener. Hier lebte er nun im Exil. Aber er war nicht allein. Einige teilten seine Ansichten und Ziele. Sie folgten ihm: jene, die sch vor den Menschen verstecken mussten. Jene, die sich täglich selbst verleugneten. Jene, die sich verstellten, um nicht von den Männern in schwarz eingefangen und in Laboren untersucht zu werden, denn das bedeutete den Tod, für jeden von ihnen.
Hella folgte ihm. Als er noch Teil des Hofstaates war, hatte ein sehr dekadenter Elf ihm einen wilden Wechselbalg in einem Käfig aus kaltem Eisen geschenkt. Außer sich vor Wut hatte sie sich immer wieder gegen die Gitter geworfen, ungeachtet dessen, dass das Eisen ihr Fleisch verbrannte. Dabei hatte sie vor Wut geschrien. Ihre langen roten Haare, der breite Unterkiefer, der große Mund, die knochige Nase, die starken Wangenknochen…jeder konnte sofort sehen, dass sie eine Rotkappe war. Ungewöhnlich war ihre blass blaue Haut und die hellblauen Augen. Ihre Kraft faszinierte den Prinzen. Also ließ er sie frei. Nachdem Hella ihre Wut herausgelassen und ihren Peiniger förmlich zerrissen hatte, hatte sich der Prinz persönlich um ihre Verletzungen gekümmert und dabei erfreut festgestellt, dass ihre Haut fast ebenso kalt wie seine war. Sie war bei ihm geblieben und mittlerweile hatte er sie zu schätzen und zu lieben gelernt. Selten wich Hella von Dunadeans Seite.
Ein Geräusch unterbrach seine Gedanken. Als der Prinz sich umsah, fiel sein Blick auf eine Kreatur, die nur unter dem Namen „Kriecher“ bekannt war. Kriecher war fast zwei Meter groß, dürr und hatte überlange Arme und Beine. Sein hagerer Kopf schien viel zu groß für seinen Körper zu sein und seine Haare hingen in fettigen Strähnen von seinem Kopf herab. Kriecher näherte sich Dunadean in einer geduckten Haltung und wartete darauf, vom Prinzen angesprochen zu werden.
„Hast du mir etwas zu sagen?“, fragte der Prinz ruhig.
„Mein Prinz, Hella ist zurück. Sie wurde verwundet.“ Ängstlich sah Kriecher den Prinzen an.
Dunadean fuhr hoch und stürmte an Kriecher vorbei zur großen halle. Hella wurde von aufgeregt durcheinander schnatternden Wechselbälgern umringt.
„Lasst Hella zu mir!“, donnerte der Prinz.
Sofort bildete sich in der Menge eine Gasse zwischen Hella und Dunadean. Einladend streckte er seine Hand nach ihr aus, eine stumme Aufforderung, zu ihm zu kommen. Hella sah ihn an. Sie atmete schwer und sah erschöpft aus, hielt sich aber dennoch aufrecht. Besorgt musterte Dunadean sie, als sie auf ihn zukam. Erst als sie ihre Hand nach seiner ausstreckte, bemerkte er die Verletzung an ihrer linken Schulte. Jemand hatte auf sie geschossen. Sie hatte ein loch in ihrer Jacke. Dunadean konnte ihr Blut riechen. Als Hella seine Hand ergriff, folgte sie seinem Blick und lächelte. Dann sah sie ihn und bewegte vorsichtig ihre linke Hand zu ihrer Jackeninnentasche. Dunadean sah ihr an, dass die Bewegung ihr Schmerzen bereitete, also ging er auf sie zu und griff in ihre Jacke.
„Ein Wachmann hat mich angeschossen. Er lebte nicht lange genug, um sich daran zu erfreuen.“
Dunadean holte einen breiten Armreif aus geflochtenem Silber aus Hellas Jacke hervor. Ein fast weißer Bernstein war in das Silber eingefasst. Die Enden des Armreifs waren als Schlangen mit geöffneten Mäulern gestaltet. Dunadean steckte ihn in eine Tasche seines Gewandes, ohne ihn weiter zu beachten.
Der Prinz führte Hella in sein Gemach. Dort half er ihr aus ihrer Jacke und dem T-Shirt. Die Wunde fing wieder an zu bluten. Schnell verrieb Dunadean das Blut über der Wunde, was Hella knurren ließ. Er wusste, dass er hier eine andere Hella hatte als dort draußen vor den anderen. Vor anderen war Hella stark, zeigte nie schmerz oder gar Angst, zeigte niemals, was sie wirklich dachte. Bei ihm musste Hella sich nicht verstellen. Dunadean murmelte leise einige Worte und die Wunde begann, sich zu schlissen. Mit einem leisen „Pling“ fiel die Kugel zu Boden. Vorsichtig bewegte Hella ihre linke Schulter und atmete erleichtert auf, als der erwartete Schmerz ausblieb.
Dunadean musterte Hella besorgt. Hatte sie noch weitere Verletzungen? Hella erriet seine Sorge und schüttelte mit einem breiten lächeln den Kopf.
„Es geht mir gut, keine Sorge!“ Ihre Stimme – vorher noch klar und klirrend wie Eis – klang nun wir warmer Honig. Sie sah Dunadean eindringlich in die Augen und berührte sein Gesicht ganz sanft.
„Es geht mir gut.“, wiederholte sie.
Der Elf zog sie in seine Arme und hielt sie lange fest. Es tat ihm gut, die Kälte ihrer Haut durch seine Kleidung hindurch zu fühlen. Der Wachmann hätte nur etwas besser zielen müssen, nur etwas mehr Glück haben müssen und er hätte Hella nie wieder in seinen Armen gehalten. Dieser Gedanke bestürzte Dunadean. Wut stieg in im auf. Die Menschen hatten ihren Platz vergessen, hatten sich ausgebreitet wie eine Plage, wie Geschwüre in einem kranken Körper. Ihre Städte wuchsen – hässliche graue Flecken auf der Oberfläche der Erde.
Ein scharfer Schmerz ließ ihn zusammenzucken. Hella hatte ihn in die Schulter gebissen, vorsichtig natürlich. Mit ihren Zähnen konnte Hella Stahl durchbeißen, wenn sie wollte, aber Dunadean blutete nicht einmal.
„Dein Körper ist nahe bei mir, mein Prinz, aber nicht deine Gedanken. Was betrübt dich?“
Dunadean seufzte schwer. Hella nannte ihn nur dann „mein Prinz“, wenn sie sich über ihn lustig machte. Es fiel ihm schwer, seine Bestürzung und seine Wut in Worte zu fassen.
„Dieser Mensch hätte…“ Hella legte ihm einen Finger auf die Lippen und küsste ihn Hart und leidenschaftlich. Der Kuss brachte sein Blut in Wallung. Abrupt löste sie sich wieder von Dunadean und sah ihm tief in die Augen.
„Hör auf, dich über Dinge zu sorgen, die nicht geschehen sind. Schon bald werden die Menschen wieder wissen, warum sie die Nacht einst fürchteten. Lenke deine Gedanken in das Hier und Jetzt.“
Hellas eisblaue Augen fixieren ihn auch noch, als sie sich schnell ihrer restlichen Kleider entledigte und zu seinem Bett ging.

Ynari
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Beitrag  Ynari Di Okt 11, 2011 9:30 pm

02: Hella 1

Sacht strich Hella mit den Fingerspitzen über das Gesicht des schlafenden Dunadean. Seine Haut fühlte sich angenehm kalt und leicht rau an. Selbst im Schlaf sah er besorgt aus.
Schon oft hatte Hella den Schlafenden gestreichelt. Nur bei ihm war sie so sanft. So oft schon hatte sie über Dunadeans Schlaf gewacht. In letzter Zeit schlief er zunehmend unruhiger. Auch jetzt begann Dunadean im Schlaf unruhig hin und her zu zucken. Er hatte wieder einen Alptraum. Hella fragte sich, ob er von ihrem Tod träumte.
Jeder hat Alpträume, mit denen er fertig werden muss, und nur die Glücklichsten wachen daraus auf, dachte sie düster.
Ein leises Ächzen entwich Dunadean. Nun runzelte er die Stirn und zuckte heftiger. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
Nun beschloss die Rotkappe, dass es Zeit war, ihren Prinzen zu wecken. Zärtlich streichelte sie sein Gesicht und flüsterte seinen Namen:
„Dunadean.“
Immer wieder sagte sie seinen Namen. Plötzlich fuhr der Elf hoch und griff nach ihrem Arm. Erschrocken starrte er sie an, kampfbereit. Sein Atem ging heftig und stoßweise. Eine Sekunde verharrten beide in dieser Lage, dann entspannten sie sich. Dunadean lockerte den Griff um Hellas Arm und atmete tief durch.
„Du hast mich erschreckt, Liebste.!, sagte er leise.
„Das wollte ich nicht. Du hattest wieder einen Alptraum.“ Ihr Stimme war ruhig wie immer. Prüfend sah sie ihm in die Augen. Er hatte einen gehetzten Ausdruck in den Augen, der langsam verschwand. Sie sah sein heftig pochendes Herz unter seiner Brust und hörte sein keuchendes Atmen. Dann berührte sie prüfend seine schweißnasse Stirn. Er war ganz warm! Hella konzentrierte sich. In der nun herrschenden Stille hörte sie Dunadeans Atem, ihren eigenen Herzschlag, ein Tropfen irgendwo und sonst nichts. Im Gegensatz zu vielen anderen Wechselbälgern fühlte Hella in sich keinen Sommer. Nur den Winter. Alles Schöne in Hellas Leben war verbunden mit Schnee, Eis, Kälte, Winter. Den Glamour, die magische Energie der Fabelwesen, fühlte die Rotkappe als knackende, klirrende Kälte. Vor ihrem inneren Auge sah Hella eine Schneelandschaft aus dem hohen Norden. Jede einzelne, einzigartige, wunderschöne Schneeflocke war deutlich für sie zu sehen. An den Bäumen funkelte das Eis und brach das Licht. Hella spürte, wie die Kälte ihren Bauch hinauf in ihre Brust, durch ihre Brust in ihre rechte Schulter, durch ihren Arm in die Fingerspitzen und aus den Fingerspitzen hinaus auf die Stirn ihres Liebsten strömte. Er lächelte sie dankbar und zärtlich an. Das eis schmolz schnell auf seiner Stirn. Mit seiner linken Hand wischte er die Nässe weg, mit der rechten Hand ergriff er erneut Hellas Arm und zog sie an sich heran. Der Elf schlang seine Arme um die Rotkappe und hielt sie fest.
„Und warum bist du wach?“, brummte er in ihr Haar.
„Ich wache über deinen Schlaf.“, flüsterte sie an seiner Schulter.
Dunadean kicherte und küsste sie liebevoll.
„Dann lass uns jetzt beide schlafen.“

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Beitrag  Ynari Di Okt 11, 2011 9:30 pm

03. Kriecher 01

Kriecher lauerte in der großen Halle herum, wartete und beobachtete alle in seinem Umfeld. Die Fabelwesen bewegten sich durch die Halle, immer auf ihrem Weg irgendwohin. Alle hasteten, schritten, liefen, gingen. Wie Ameisen.
Kriecher konnte sie alle nicht leiden, weil niemand ihn leiden konnte. Kriecher sah abstoßend aus: wie ein fischiges Wesen auf zwei Beinen. Sein Kopf hatte kaum Haare und war zu groß für den Rest seines Körpers. Die Augen taten es dem Kopf nach und waren zu groß für den Rest des Gesichtes. Der Mund war quasi nicht vorhanden, er schien sich zu sehr vor den Augen zu fürchten, so dass er sich fast in das Gesicht hinein verkroch. Kriecher war groß und Dünn, so, als hätte man ihn auf eine Streckbank gelegt. Seine Haut war bleich und teigig. Er schimmerte und roch wie ein alter Fisch. Niemand gab Kriecher gerne die Hand und niemand war gerne in seiner Nähe. Die Götter hatten es nicht gut mit ihm gemeint, allerdings hatte Kriecher einige Talente. Er konnte sich, wie alle anderen Sluagh, dank seiner weichen Knochen überall durchzwängen, er war ein Meister im Schleichen und Verstecken. Niemand sah oder hörte ihn kommen. Dank seiner scharfen und ausgeprägten Sinne konnte sich niemand an ihn heranschleichen.
Trotz all dieser Talente hatten es die alten Götter nicht gut mit Kriecher gemeint. Sein gesamtes Auftreten bewirkte, dass seine Gesellschaft niemandem angenehm war. Niemand mochte ihn, niemand war gerne bei ihm. Und das machte Kriecher traurig, aber mit der Zeit hatte er seine Trauer in Abscheu verwandelt. Es war viel leichter für ihn, die anderen wegen ihrer Abneigung ihm gegenüber zu verabscheuen, als über den Umstand traurig zu sein.
Nur bei dem Prinzen machte Kriecher eine Ausnahme. Der Prinz benahm sich immer tadellos gegenüber Kriecher. Von ihm wurde Kriecher freundlich und mit Respekt behandelt. Obwohl Kriecher schon lange bei dem Prinzen war, sprachen sie nur das Nötigste miteinander. Trotzdem vergötterte Kriecher seinen Prinzen. Und Hella hasste er aus einem simplen Grund, den er sich selbst niemals eingestehen würde: Eifersucht. Sie hatte die Aufmerksamkeit des Prinzen nicht verdient! Sie war inkompetent und hatte sich das Vertrauen des Prinzen erschlichen! Nein, Kriecher war überhaupt nicht eifersüchtig.
Ein Geräusch ließ ihn aus seinen Gedanken hochfahren. Die Tür zum Schlafgemach des Prinzen öffnete sich und er trat in Begleitung von Hella heraus. Sie unterhielten sich leise, Kriecher konnte sie nicht verstehen. Hella nickte dem Prinzen zu und ging mit schnellen Schritten davon. Der Prinz blieb hingegen in der großen Halle stehen und sah sich suchend um. Kriecher verursachte absichtlich ein Geräusch, damit Prinz Dunadean auf ihn aufmerksam werden konnte.
Dunadean wandte Kriecher anmutig den Kopf zu, dann kam er auf ihn zu. Kriecher kauerte sich zu Dunadeans Füßen hin und umklammerte die Knie seines Prinzen.
„Herr?“
„Steh’ auf. Ich habe eine wichtige Aufgabe für dich, mein Freund: Finde den Ring, der zu dem Armband gehört und bring’ ihn mir!“
„Ja, Herr.“ Kriechers Stimme bebte vor Freude.

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Beitrag  Ynari Di Okt 11, 2011 9:32 pm

04 Barathir 01( Arbeitstitel)

Murrons Körper wurde von wilden Krämpfen geschüttelt. Heftige Spasmen gingen durch ihren Körper. Keuchend rang sie um Luft. Blut tropfte ihr aus Nase und Mund. Hilfesuchend sah sie ihn an. Sie streckte die Hand nach ihm aus.

„Barathir!“, keuchte sie.

Dann verkrampfte selbst ihr Herz und sie bekam keine Luft mehr. Ihr Blick brach und sie stürzte.
Barathir wachte auf. Er keuchte und schwitzte. Sein Herz hämmerte wie wild in seiner Brust, er spürte das Pochen in seinem ganzen Körper.

Murron!

Panisch sah er nach seiner Frau. Sie lag ruhig atmend neben ihm. Atmend. Gut. Barathir atmete tief durch und versuchte, sich zu beruhigen.

Nach ein paar Herzschlägen ging er ins Bad. Dort duschte er sich den Schweiß vom Körper. Danach trocknete er sich ab und musterte sein Spiegelbild. Barathir war ein Troll. Er hatte eine blaue Haut und zwei kleine Hörner ragten aus seiner Stirn. Sein Gesicht war kantig, manchmal blitzten kleine Reißzähne auf, wenn er die Lippen zurückzog. Seine Augen waren blass blau, ohne eine sichtbare Iris oder eine sichtbare Pupille. Die schwarzen Haare reichten ihm fast bis zur Hüfte. Wie alle Trolle war er groß. In seinem Feenschein, der wahren Gestalt der Wechselbälger, maß er satte 2,40m. Menschen jedoch sahen ihn einfach als großen, starken Mann.

Der Troll starrte auf seine Hände. Es waren große, starke Hände. Den Traum hatte er oft in letzter Zeit. Er beunruhigte ihn und ließ ihn sich hilflos vorkommen. Seine starken Hände nützten ihm hier nichts. Barathir hatte sich versprochen, seine Frau zu beschützen, aber wie sollte er sie vor ihrer Krankheit beschützen?

Besorgt ging Barathir zurück ins Schlafzimmer. Das Licht war an. Murron war aufgestanden und kam auf ihn zu. Ihr weißes Nachthemd fiel locker um ihren schlanken Körper. Barathir frgate sich kurz, ob sie in letzter Zeit Gewicht verloren hatte. Ihre hüftlangen Haare fielen ihr offen über den Rücken. Durch einen Vorfall in ihrer Kindheit waren sie weiß geworden.

„Ist alles okay?“, fragte sie besorgt.

Barathir schüttelte stumm den Kopf und nahm seine Frau in die Arme. Es tat gut sie zu fühlen, ihre warmen Finger auf seiner kühlen Haut, ihren Atem gegen seine Brust.

„Du hattest wieder diesen Traum, nicht wahr?“, fragte sie leise.

„Ja.“ Seine Stimme zitterte leicht.

Murron seufzte.

„Du bist ein blaues Riesenbaby“, schimpfte sie ihn milde. „Ich sterbe dir schon nicht weg!“

„Versprich es!“ Barathirs Stimme klang ernst. Er hielt sie etwas von sich weg um ihr in die Augen zu sehen. Murron seufzte.

„Versprochen!“
Trollen nahmen Versprechen sehr ernst. Dass sie ihm gerade ihr Wort gegeben hatte, schine ihn etwas zu beruhigen. Sanft nahm er Murron hoch und trug sie zum Bett. Sie musste kichern.

„Ich kann selbst laufen! Meine Beine sind völlig in Ordnung.“

„Sei still, Weib!“, neckte er sie.

Vorsichtig, so als wäre seine Frau aus Glas, legte Barathir sie aufs Bett. Dann kuschelte er sich an sie und schmiegte den Kopf an ihre Brust. Ihr Herzschlag war gleichmäßig und ruhig. Er fühlte ihre Hände über seine Schultern streichen. Bei der Vorstellung, ohne sie weiterzuleben, zog sich alles in Barathir zusammen.

Bevor er wieder einschlief, schwor Barathir sich selbst, alles in seiner Macht Stehende zu tun um Murron nicht sterben zu lassen.

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Beitrag  Ynari Di Okt 11, 2011 9:34 pm

05 Kriecher 2(Arbeitstitel)

Das war fast zu einfach, dachte Kriecher als er mit zwei anderen auf der Gartenmauer saß. Seine Freunde waren wie er: leise, heimlich, nicht gern gesehen, ausgestattet mit sehr scharfen Sinnen, einer generellen Abneigung gegen Menschen und alles, was laut, grell und bunt war. Es war Nacht. Kriecher spähte in den dunklen Garten hinein und hielt nach den am Tor angekündigten Hunden Ausschau. Nichts. Keine Bewegung, keine Geräusche, die von Hunden verursacht wurden. Das bedeutete: entweder war Rex im Haus -schlecht- oder es gab ihn gar nicht mehr -gut. Gut deshalb, weil Kriecher nicht gerne Haustiere tötete. Das erschien ihm grausam. In Zeichensprache deutete er seinen Begleitern, dass keine Wachhunde im Garten waren. Leise kletterten die drei von der Gartenmauer hinunter in den Garten. Vorsichtig schlichen sie auf die Villa zu und um sie herum. Strange bedeutete Kriecher, dass er ein angelehntes Fenster im ersten Stock entdeckt hatte. Bei dieser Nachricht lachte Kriecher still in sich hinein. Zu einfach! Diese dummen Menschen luden sie geradezu ein. Strange kletterte bereits die Hauswand hoch wie eine Spinne. Auf dem schmalen Fensterbrett kauernd, spähte er in den Raum hinein.

>Alles okay<, signalisierte er und begann, sich durch den Spalt zu quetschen.

Daraufhin kletterten Kriecher und Gith ebenfalls die Wand hoch und durch das Fenster in das Haus hinein. Sie befanden sich nun in einer Art Bibliothek. Die Wände waren mit Regalen bedeckt. Es gab sogar eine Leiter um an die höheren Regale heranzukommen. Ihre Schritte wurden von einem dicken Teppich gedämpft. Praktisch.

Leise schlichen sie durch diese Etage. Kriecher sah den Hund. Ein deutscher Schäferhund, der vor einer geschlossenen Tür schlief. Mist. Kriecher verspürte ein vages Bedauern als er Gith einen Befehl gab. Gith griff daraufhin in seine Taschen und holte Schalldämpfer und Pistole hervor. Schnell und leise schraubte er den Schalldämpfer auf den Pistolenlauf. Dann ging er zu dem Hund, richtete die Waffe auf ihn und drückte ab. Kriecher sah nicht hin. Er hörte nur einen dumpfen Hieb und sah aus den Augenwinkeln wie das Tier zuckte und erschlaffte. Gith steckte seine Waffe achtlos weg und öffnete die Tür. Das Schlafzimmer!

Der Sammler und seine Frau schliefen tief und fest. Kriecher hörte sie sehr deutlich schnarchen. Sehr gut!

>Sucht den Ring!<, befahl er den anderen.

Sie schwärmten aus. Gith durchsuchte das Arbeitszimmer, Kriecher die Bibliothek, Strangenahm sich das Schlafzimmer vor. Kriecher begann damit, die Regale auszuräumen und nach Verstecken zu suchen. Als er hinter den Regalen nichts fand, hob er sogar den Teppich an. Nichts. Seufzend beschloss Kriecher, nachzusehen, ob Strange etwas gefunden hatte. Leise ging er zum Schlafzimmer und blieb vor der Hundeleiche stehen.

>Hast du etwas gefunden?<

Strange hielt bei seiner Suche inne. Er hatte gerade die Schmuckschatulle der Frau durchsucht.

>Noch nicht.<

Die Menschen schliefen immer noch. Strange hätte sie im Schlaf töten können. Kriecher schüttelte angewidert den Kopf und huschte zu Gith ins Arbeitszimmer. Gith hatte einen Tresor gefunden. Einen mit einem Feld in das man einen Nummerncode eintippen musste. Gerade war Gith dabei, den Schreibtisch zu durchsuchen, langsam und methodisch. Kriecher trat zu Gith und flüsterte:

„Hast du den Code gefunden?“

„Nein.“, zischte Gith wütend.“Das dauert zu lange! Ich will nicht die ganze Nacht in diesem dreckigen scheiß Haus verbringen!“

Kriecher nickte verständnisvoll: „Ich auch nicht.“

„Dann wecken wir die Menschen.“

Wieder nickte Kriecher. So etwas hatte er sich schon gedacht.

„Schneide die Telefonkabel durch, nimm die Handys und bereite mit Strange diesen Raum für ein Verhör vor.“

„Für beide Menschen?“

„Natürlich.“

Kriecher ging wieder zurück ins Schlafzimmer und bedeutete Strange, zu Gith zu gehen. Die Menschen wollte er sich vor der Prozedur einmal ansehen. Er trat an das Bett heran. Die Menschen waren beide mittleren Alters. Der Mann war dick und unattraktiv. Seine Haare waren dünn und grau. Er bekam langsam eine Glatze. Die Nase hatte starke Ähnlichkeit mit einer Knolle und Äderchen waren geplatzt. Dadurch sah die Nase lila aus. Vermutlich trank der Mann gerne mal einen über den Durst. Er wirkte wabelig wie eine Qualle. Auch seine Frau hatte den Zenit ihrer Schönheit weit überschritten.

Ein Zischen drang in Kriechers Bewusstsein. Gith stand in der Tür. Und Strange stand hinter Gith.

>Alles fertig.<

Kriecher nickte.

>Gut. Weckt die beiden und bringt sie rüber.<

Gith und Strange gingen zu dem Ehepaar, zogen sie rabiat aus dem Bett und drehten ihnen die Arme auf den Rücken. Damit sie nicht schreien konnten, hielten Gith und Strange den beiden den Mund zu. Sie brachten das Paar zum Arbeitszimmer, wo Gith uns Strange zwei Holzstühle bereitgestellt hatten. Mit Wäscheleine wurden ihre Beine an die Stuhlbeine und die Arme hinter der Stuhllehne zusammengebunden. Die Frau wurde mit Klebeband geknebelt, so dass sie nur noch erstickte Laute von sich geben konnte.

„Was wollen Sie von uns?“, fragte der Mann mit vor Angst schriller Stimme. Zum Drohen hatte er anscheinend zuviel Angst. Kriecher schlenderte gemächlich zu dem Mann und brachte seinen Mund ganz nah an sein Ohr.

„Wir wollen den Ring.“

„Welchen Ring?“, fragte der Mann verwirrt.

Kriecher seufzte.

„Den Ring, den du vor einem Monat bei einer Auktion ersteigert hast. Gib uns den Ring und wir gehen. Gibst du uns den Ring nicht, werden wir...Argumente finden, die dich überzeugen werden, uns den Ring zu geben.“

Zur Untermalung piekste Strange die Frau mit einem spitzen Messer in die Wange. Die Frau quiekte vor Schreck.

„Hören Sie auf! Ich weiß nicht, welchen Ring Sie meinen!“

Kriecher seufzte. Langsam verlor er die Geduld.

>Strange, fang an.<

Strange zog der Frau sein Messer quer über die Wange. Wieder quiekte sie vor Schmerzen. Der Schnitt sah tief aus und blutete stark.

„Sprich' endlich, oder du bist als nächstes dran!“, zischte Kriecher.

Der Mann keuchte vor Schreck.

„Im Tresor!“, brüllte er. „Der Ring ist im Tresor!“

„Die Kombination!“, zischte Kriecher aggressiv. Durch das Gebrüll des Mannes fühlte er sich wie kurz vor einem Hörsturz.

„3341597. Nehmen Sie, was Sie wollen und dann gehen Sie!“

Gith ging zu dem offene Büroschrank, in welchem der Tresor war. Der angesagte Code war richtig, die Tür schwang auf. Kriecher trat an den Tresor heran und inspizierte den Inhalt. Bargeld. Teurer Schmuck. Noch mehr Geld. Irgendwelche Dokumente. Da! Der Ring! Der Ring, den Orinz Dunadean wollte. Kriecher nahm den Ring erfreut an sich. Das Bargeld und den restlichen Schmuck nahm er ebenfalls an sich als Beute für die anderen. Zufriedenheit breitete sich in ihm aus. Er hatte die wichtige Aufgabe, welche der Prinz ihm aufgetragen hatte, erfüllt. Der Prinz würde stolz auf ihn sein.

< Was machen wir mit den beiden? >, signalisierte Gith.

Kriecher musterte die beiden verängstigten Menschen.

> Töte sie.<

Mit einem zufriedenen Grinsen zog Gith wieder seine Pistole mit dem bereits aufgeschraubten Schalldämpfer. Dann richtete er die Waffe auf den Mann und drückte zweimal ab. Ein Schuss ins Herz und ein zweiter Schuss zur Kontrolle. Das gleiche machte er bei der Frau.

Kriecher sah nicht mehr hin, da er sich bereits zum Gehen gewandt hatte. Er hatte die Aufgabe erfüllt, der Prinz würde erfreut sein.

Das war alles, was zählte.


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